Bullenstall, jetzt sogar mit Biogasanlage

Nur durch Zufall, aufgrund einer „Datenpanne“, liegt uns die vorläufige Tagesordnung für die geplante Ferienausschusssitzung am 16. April vor:

Die umfangreiche Tagesordnung enthält unter anderem unter Punkt 11.4 -11.6 Bauanträge der Firma Glaab GbR:
11.4 Tektur (Anm. =Änderung) zum Bauantrag, Errichtung eines Bullenstalls, Akazienhof, Flur-Nr. 6608
11.5 Antrag auf Baugenehmigung; Errichtung einer Bio-Gas-Anlage, Akazienhof, Flur.Nr. 6608
11.6 Antrag auf Baugenehmigung; Nutzungsänderung einer landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle in einen Bullenstall, Akazienhof, Flur.Nr. 6608

Hintergrund:

Das Thema Bullenstall beschäftigt die Bewohner Kleinostheims seit langer Zeit: 2017 tauchten erst Gerüchte auf. 2018 wurde der erste Bauantrag vom Bauausschuss abgelehnt ( https://www.main- echo.de/regional/stadt-kreis-aschaffenburg/Kein-Bullenstall-in-Kleinostheim;art3985,6118705 ).

Im August 2018 gründete sich die Bürgerinitiative „Lebenswertes Kleinostheim„.
Am Infoabend erschienen über 400 Bürger*innen. Das Interesse war riesig. Viele Kleinostheimer*innen solidarisierten sich mit den Anwohner*nnen, in deren unmittelbaren Nachbarschaft der Bullenstall mit 480 Tieren entstehen soll, obwohl es schon durch den bestehenden Bullenstall mit rund 40 Tieren ungelöste Probleme gibt (Lärm, Gestank). Über 1000 Unterschriften von Kleinostheimer*Innen liegen vor, die sich gegen das Bauvorhaben (damals noch ohne Bio-Gas- Anlage) positionieren.
Dem Bauantrag „Neubau Bullenstall“ wurde in der 6. Sitzung des Bau-, Verkehrs- und Umweltausschusses am 16. Juli 2018 das gemeindliche Einvernehmen verweigert, da die vorgelegten Unterlagen für eine planungsrechtliche Beurteilung nicht ausreichend seien, weitere öffentliche Belange dem entgegenstünden und im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens notwendige Gutachten durch das Landratsamt eingefordert und zu prüfen seien.
Der Status der Rückmeldung ist bisher nicht bekannt.

Aktuelle Situation

Jetzt und zu einem denkbar unpassenden Zeitpunkt, nach der Kommunalwahl und mitten in der Corona-Krise, stehen die Tagesordnungspunkte auf der Agenda einer außerordentlichen Ferienausschusssitzung in der bisherigen Besetzung, da der neue Gemeinderat sich erst im Mai konstituiert. Der Ferienausschuss ist nur für die Zeit der Sommerferien eingesetzt und behandelt Aufgaben nur, wenn sie nicht ohne Nachteil für die Beteiligten, für die Gemeinde oder für die Allgemeinheit bis zum Ende der Ferien aufgeschoben werden können.

Unsere Kritik

Sind tatsächlich alle aufgeführten Tagesordnungspunkte im Einzelfall dringlich und unaufschiebbar? Zum allgemeinen Verständnis wäre auch die Begründung für den Bauantrag einer Biogasanlage hilfreich. Ist sie als stoffliche und energetische Verwertung für den Bullenstall unabdingbar und eine Möglichkeit, die direkte Gülle/Mistverwertung (Ausbringung) zu vermeiden?
Damit der Ferienausschuss auch außerhalb der Sommerferien tagen kann, müsste ein mehrheitlicher Gemeinderatsbeschluss vorliegen. Diese Beschlussfassung steht als TOP 1 auf der o.g. Agenda des Ferienausschuss. Aber kann ein Ferienausschuss sich selbst legitimieren?
Auch wenn die Sitzung innerhalb der bisher ausgerufenen Ausgangsbeschränkung in der Maingauhalle mit entsprechendem Abstand von Person und Person angesetzt und möglich ist, hat es doch den Beigeschmack, mit einer reduzierten Besetzung und Öffentlichkeit Entscheidungen zu treffen.
Und es fehlt die Zeit und die Möglichkeit, im Dialog mit allen Beteiligten Argumente, Lösungen und Möglichkeiten zum Abbau von Konfrontationen auszutauschen.

Unsere Forderung

Die Kleinostheimer Grünen fordern eine Vertagung dieser Tagesordnungspunkte auf Mai, bzw. einen Zeitpunkt nach der Ausgangsbeschränkung, damit der neu zusammengestellte Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss darüber beraten kann. Ferner sollte der Bürgermeister einen Runden Tisch anbieten, damit die Beteiligten in Dialog treten können.​
Alternativ könnten die Grünen, wie schon 2019, einen Runden Tisch mit Paul Knoblach (Bio- Landwirt und Mitglied des Bayerischen Landtags) anbieten. Lasst uns miteinander reden!

Olav Dornberg / Friedolf Bickel

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2 Kommentare

  1. Guter Beitrag! Ich hoffe, dieser Beitrag erscheint auch im Mitteilungsblatt. Würde ich mir sehr wünschen.

    Übrigens habe ich Kommentare zur Corona-Pandemie seitens der Parteien (also auch von den Grünen) vermisst. Wir haben ja nicht nur schwerwiegende Konsequenzen für die Menschen zu beklagen – sondern auch für die Wirtschaft… und die Wirtschaft muss es ja letztlich wieder richten bzw. finanzieren. Zur Erinnerung: es sind Steuergelder die da fließen … die aus Einkommen und Gewinnen stammen. Kleinostheim wird, wie viele andere Gemeinden auch, einen Einbruch bei der Gewerbesteuer haben, was nicht ohne Konsequenzen für die Kleinostheimer Bürger/Bürgerinnen sein wird. Es gibt also genug Gesprächsbedarf …

  2. Im letzten Mitteilungsblatt vom 3.4.2020 veröffentlichten die „Kleinostheimer Landwirte“ eine ganzseitige Anzeige (diese erschien anonym ohne Namensnennung, von daher ist es ungewiss, ob die Glaab GbR hier mitbeteiligt war). In dieser wird der Landesbund für Vogelschutz (LBV) dafür kritisiert, dass er Ackerflächen für Naturschutzprojekte anwirbt. Diese Flächen würde dadurch der Nahrungsmittelproduktion entzogen werden.
    Nun soll neben dem Bullenstall auch noch eine Biogasanlage entstehen. Somit kann man davon ausgehen, dass künftig die landwirtschaftlichen Nutzflächen Kleinostheim hauptsächlich für den Anbau von Futtermitteln für 480 Mastrinder (z.B. Silage-Mais) und Energieplanzen als Gärsubstrat (z. B. Mais) angebaut werden. Höchst problematisch wird es, wenn die folgenden Vegetationsperioden weiterhin trocken bleiben, sodass hierzu Futter hinzugekauft werden müsste (ggf. Gensoja aus Südamerika, für den wiederum der Regenwald vernichtet wird). In der jetzigen Krise erkennt man, dass eine Abhängigkeit von Importen gefährlich ist. Dass dies insbesondere für Lebensmittel zutrifft, war auch in der Anzeige der „Kleinostheimer Landwirte“ erwähnt. Nicht genannt wurden die Details: Bei Fleisch, Milch, Kartoffel, Zucker und Weizen haben wir eine Überversorgung, d.h. wir exportieren große Mengen. Mangel haben wir hingegen bei Gemüse, Obst und Honig.
    Von daher sollte eine nachhaltige Landwirtschaft auf diese Produkte sich konzentrieren. Überall im Land entstehen solidarische Landwirtschaften, in denen Landwirte mit Verbrauchern eng zusammenarbeiten: von der Feldarbeit bis zur Vermarktung. Und genau das würde ich mir wünschen: innovative und mutige Konzepte, in denen sich Landwirte zusammen mit Verbrauchern für eine nachhaltige, zukunftsfähige, kleinbäuerliche und regionale Landwirtschaft engagieren. Und wir Verbraucher sollten wieder lernen, genau dies zu schätzen.