Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes ist gerechtfertigt

In der letzten Gemeinderatssitzung wurde beschlossen, dass die Hebesätze für die Grundsteuer A und B gleich bleiben bei 320%, und bei der Gewerbesteuer von 320% auf 350% erhöht wird.

1. Notwendigkeit einer Steuererhöhung

Die Ausgaben im Bereich der Betreuungsaufgaben für Kinder, Schüler und Senioren, sind in der Vergangenheit bereits deutlich gestiegen und werden weiter steigen.
Sicherlich wurden bisher viele im letzten Haushalt eingestellte Positionen nicht abgerufen, da die Projekte noch nicht angegangen wurden. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, denn auch die Infrastruktur (Frischwasserleitungen, Abwasserkanäle, Straßen,) muss modernisiert werden. Ferner kommen große Herausforderungen mit der Sanierung des VITAMARS auf uns zu, genau wie die Themenfelder Mobilitätswende, Energiewende und Wärmewende.
Es gibt sicherlich vereinzelte Punkte, an denen durch Digitalsierung und spitzen Bleistift gespart werde kann. Auf keinen Fall möchten wir bei den vielfältigen freiwilligen Leistungen, die die Gemeinde Kleinostheim gewährt, sparen (z. B. Vereinsförderung, Förderprogramm „Klimafreundliches Kleinostheim“, …),

Hintergrund: Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle einer Kommune, vor dem Gemeindeanteil der Einkommensteuer. Errechnet wird die Gewerbesteuer auf Grundlage des Unternehmensgewinns plus Hinzurechnungen und Kürzungen gemäß § 8 und § 9 des Gewerbesteuergesetzes (z. B. 25% der Fremdkapital-Finanzierungskosten).
Dieser Gewerbeertrag wird mit dem bundeseinheitlichen Steuermeßzahl 3,5 multipliziert und ergibt den Gewerbesteuermessbetrag, der dann wiederum mit dem kommunalen Hebesatz multipiliert wird. Das Ergebnis ist dann die Gewerbesteuer.
Der Hebesatz muss mindestens 200% betragen. Der höchste Hebesatz in Deutschland liegt bei 900%.
Den aktuellen Gewerbesteuer-Hebesatz für Ihre Gemeinde können Sie beim Statistischen Bundesamt jederzeit abrufen.

2. Standortentscheidungen für Firmen

Wir schon von unsere Gemeinderätin Carla Diehl in der Sitzung angemerkte: Das Unternehmen SYNA zieht von Karlstein (mit einem niedrigem Hebesatz 325%) nach Mainaschaff (Hebesatz 360% und somit höher als Kleinostheim ab 2024). Die Gewerbesteuer ist somit nicht alleinig standortentscheidend.
Das zeigt auch eine bei Städten durchgeführte Umfrage aus 2016: Bei der Diskussion von Gewerbe-steuererhöhungen spielt die Auseinandersetzung mit Standortqualitäten nur eine nachrangige Rolle (Quelle Institut für Finanzen und Steuern, „Update Gewerbesteuer und Grundsteuer: Steuerentwicklung, Steuerwettbewerb und Reformblockaden“, Berlin 2016, S. 48)
Ferner ist die Nachfrage nach Gewerbegrundstücken, gerade in unserer Umgebung und speziell Kleinostheim) deutlich höher als das Angebot. Von daher muss Kleinostheim nicht mit einen niedrigen Hebesatz werben, da wir viele weiter Standortvorteile aufweisen können. Auch den Unternehmen ist hier z. B. ein perfektes Betreungsangebot für Kinder wichtig, da dies auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert.
Im Vergleich mit den Landkreisgemeinden waren wir mit 320% im unteren Bereich und sind es wohl jetzt auch noch.

Hebesätze in unserer Region (Quelle: Statistischen Bundesamt):

Gewerbesteuer Hebesätze in Kleinostheim und Umgebung

Nachtrag vom 12.02.24: Alzenau hat den Hebesatz der Gewerbesteuer an 2024 von 360% auf 380% erhöht. (Der Hebesatz für die Grundsteuer wurde in Alenau sogar drastisch von 380% auf 470% erhöht. Dieser Hebesatz wurde in Kleinostheim auf moderaten 320% belassen).

3. Hebesteuersatz hat für die meisten Unternehmen keine Auswirkung

Und jetzt kommt das überraschende: für 2/3 der Unternehmen hat eine Hebesatzerhöhung bis 400% (eigentlich wegen des Soli-Effektes sogar bis 420%) keine Auswirkung auf die Gesamtsteuerlast.

Denn die von Personengesellschaften (GbR, Einzelunternehmer, OHG, KG, GmbH&Co.KG) bezahlte Gewerbesteuer kann komplett von der Einkommensteuer der/des Gesellschafter/s wieder abgesetzt werden, wenn der Hebesatz unter 400% liegt).
Somit sind nur 1/3 der Unternehmen, und zwar die Kapitalgesellschaften (GmbH, AG, KGaA, UG), von einer Gewerbesteuerhebesatzerhöhung „betroffen“.
Der tpyische Handwerksbetrieb oder Kleinunternehmer ist somit meist nicht betroffen.

4. Die Mär der Gefahr einer Unternehmenssitz-Verlagerung

Jetzt könnte eine Kapitalgesellschaft auf die Steuerspar-Idee kommen, den Firmensitz in eine Gemeinde mit niedrigerem Hebesatz zu verlagern.

Aber bei gesplitteten Standorten wird auch die Gewerbesteuer gesplittet, und zwar im Verhältnis Lohnsummen. Wenn beispielsweise am neuen Unternehmenssitz niemand arbeitet, wird dort auch keine Gewerbesteuer fällig.

5. Fazit

Die Grüne Fraktion hat dieses Thema intensiv beraten. Auch wenn das wirtschaftliche Umfeld aktuell nicht einfach ist, stehen wir zu unserer Entscheidung.
Ich als Grüner und als Unternehmer stehe voll hinter dieser Entscheidung des Gemeinderat und des Bürgermeisters, auch wenn diese leider mit 8:7 denkbar knapp ausging. (Interessanterweise war in den beratenden Ausschüssen die zu erwartenden Mehrheitsverhältnisse deutlicher pro Erhöhung.)

Olav Dornberg,
Ortsverband-Sprecher, Beauftragter für Social Media und Homepage
olav.dornberg@gruene-kleinostheim.de

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2 Kommentare

  1. Keine Frage, die Erhöhung des Hebesteuersatzes bei der Gewerbesteuer um 9 % ist gerechtfertigt. Was ist aber mit der Erhöhung der Abwassergebühren (=Schmutz- und Niederschlagswasser) um 134 %!!! Eigentümer von Einfamilienhäuser hatten nahezu unveränderte oder sogar leicht sinkende Gebühren nach dem Splitting der Abwassergebühr erwartet. Zurück bleibt das Gefühl, dass an einem vorbei regiert wird. Das stimmt natürlich nicht. Obwohl….