Heizung erneuern? 26/04/202311/05/2023 Dieser Text wird über die nächsten Wochen immer wieder ergänzt! Wie gehe ich als Hausbesitzer*in damit um, dass bei einer neuen Heizung 65% Erneuerbare Energie für die Heizung verwendet werden muss? Das wichtigste zuerst: Keine Panik bekommen und sich sachlich zu dem Thema informieren. Den Heizungstausch möglichst langfristig planen und nicht warten, bis die alte Heizung defekt ist und dann spontan ersetzt werden muss. Wer eine gut funktionierende Heizung hat, sollte 2 bis 3 Jahre warten, bis die Umrüstung angegangen wird. Zur Zeit sind Wärmepumpen knapp, aber praktisch alle Hersteller bauen ihre Fertigungskapazitäten aus, so dass es besser und wahrscheinlich auch wieder etwas billiger wird. Fakten zum Thema: Es gibt keine Umrüstpflicht bei Heizungen für Bestandsanlagen. Reparaturen sind erlaubt. Wärmepumpen mit R290 als Kältemittel könne bis zu 75°C Vorlauftemperatur erreichen. Das reicht auch für ungedämmte Gebäude. Aktuelle Wärmepumpen müssen auch bei -10°C nicht mit dem (Not-)Heizstab heizen. Das es funktioniert, sieht man an Skandinavien*, wo deutlich mehr Wärmepumpen pro 1000 Einwohner eingebaut werden als bei uns, trotz kälterer Winter. Wenn man auf dem eigenen Dach Photovoltaik oder Solarthermie installiert, senkt man die laufenden Kosten der Heizung zusätzlich. Durch die Trennung von Warmwasser und Heizung kann die (Heizungs-)Wärmepumpe, außer beim komplett ungedämmten Altbau, bei niedrigeren Temperaturen laufen, was die Nutzung von Umweltwärme erhöht und so die Kosten senkt. Für die Trennung eignen sich Brauchwasser-Wärmepumpen. Diese sind auch mit bestehenden, fossilen Heizungen kombinierbar. Unterstützen können Solarthermie-Anlagen. Flächen-Heizungen, wie Fußboden-, Wand-, oder Deckenheizungen, sind ideal geeignet für den Betrieb mit Wärmepumpen, aber oft reicht auch der Einbau von Niedertemperatur-Heizkörpern aus. Wird ein neues Nah/Fern-Wärmenetz vor Ort gebaut, sollte man sich im Normalfall anschließen, wenn man nicht schon eine Wärmepumpe hat. Ergänzungen und Erklärungen zum oben geschriebenen Bevor ich mit dem eigentlichen Artikel anfange, möchte ich kurz auf meine Wohnsituation hier in Kleinostheim eingehen, da ich darum gebeten wurde es als ermutigendes Beispiel zu nennen. Wir haben 2015 ein altes Siedlungshaus von 1954 mit 125 m² Wohnfläche gekauft und komplett saniert. Natürlich wurde es auch gedämmt und es wurde statt der defekten Gas-Heizung eine Wärmepumpe eingebaut, auch kam eine Solaranlage aufs Dach. Bei der Sanierung der Doppelgarage 2020 wurde auch dort eine PV-Anlage errichtet und ein Stromspeicher in den Keller gestellt. Der Wärmebedarf des Hauses bei Kauf war ca. 250 kWh pro m² und Jahr. Jetzt liegt er bei ca. 45 kWh/m2/Jahr. Der Wärmebedarf ist aber nicht (Primär)Energie-Bedarf, wenn man eine Wärmepumpe hat. Wir liegen hier bei 12,8 kWh/m2/Jahr also 1600 kWh Strom zum Heizen des Hauses. Das ist der Durchschnitt der letzten drei Jahre. Hiervon haben wir seit 2020 jeweils ca. 800 kWh durch unsere PV-Anlagen und den Stromspeicher bereit gestellt. Auch andere Hausbesitzer machen diese Erfahrung, dass das gut funktioniert: https://www.pv-magazine.de/2023/04/27/einsparungen-durch-waermepumpe-und-photovoltaik-fuer-deutsche-hausbesitzer/ Warum gibt es so einen starken Fokus auf Wärmepumpen? Wärmepumpen sind die einzige Technologie, bei der man mehr Wärme bekommt, als man vorher an Strom (oder Brennstoff) reinsteckt. Dies ist möglich, da die Wärmepumpen die Umgebungsenergie/Umweltwärme in Form von Luft, Wasser oder Bodenwärme mit nutzen. Bei einer Jahresarbeitszahl/SCOP der Wärmepumpe von 4 braucht man dann bei einem Haus, das 20000 kWh Erdgas im Jahr zum Heizen benötigt hat, nur noch 5000 kWh Strom. Der Rest ist genutzte Umweltwärme. Diese Verringerung der Energiemenge kommt durch die Wärmepumpe und daher, dass gedämmt/energetisch saniert wurde. Wurde noch nicht saniert, arbeitet die Wärmepumpe nicht optimalen Bereich und Jahresarbeitszahl/SCOP liegen eher bei 2,5. Stößt eine Wärmepumpe wirklich weniger CO2 (oder CO2e = CO2-Äquivalent) aus? Oft hört man: „Mit unserem heutigen Strommix, mit Kohlestrom, stoßen Wärmepumpen mehr CO2 aus als meine alte Heizung!“ Dr. Jan Rosenow hat das auf Linkdin mal, wirklich sehr konservativ/schlecht für die Wärmepumpe gerechnet. Der Beitrag ist auf Englisch, daher hier die Übersetzung: Fast ein Drittel des Stroms in Deutschland wird nach wie vor aus Kohle erzeugt. Sparen Wärmepumpen angesichts des relativ schmutzigen Stroms in Deutschland Kohlenstoffemissionen ein? Ja, lautet die Antwort. Und zwar aus folgenden Gründen: 1/ Pro Haushalt werden jährlich etwa 14.000 kWh zum Heizen verbraucht. Dies geht aus Daten der DENA hervor: https://lnkd.in/eSXpDCu2 2/ Ein Gaskessel emittiert 2.781 kg CO2e, wenn man den offiziellen Emissionsfaktor von 201 g CO2e/kWh zugrunde legt. Ein Ölheizkessel emittiert 3.681 kg CO2e bei einem Emissionsfaktor von 266g CO2e/kWh. https://t.co/ZzWZqphfSs 3/ Nehmen wir an, ein bestehendes Heizsystem mit fossilen Brennstoffen wird durch eine Wärmepumpe ersetzt. Für die Herstellung, Installation und Stilllegung einer Wärmepumpe verwende ich eine Zahl von 4 t CO2e, die auf einer Schweizer Studie beruht. https://t.co/57zP2xFCL3 4/ Das deutsche Umweltbundesamt gibt Prognosen für den Kohlenstoffemissionsfaktor bis 2040 auf der Grundlage der bestehenden Politik ab. Sie gehen davon aus, dass die Emissionen pro kWh von derzeit 385 g CO2e auf 87 g CO2e im Jahr 2040 sinken werden. https://lnkd.in/en7WBnYh 5/ Bei einem SCoP von 3,0 benötigt eine Wärmepumpe 3.921 kWh Strom, um 11.762 kWh Wärme zu erzeugen (ähnliche Leistung wie ein mit fossilen Brennstoffen betriebener Heizkessel, der bei einem Wirkungsgrad von 85 % 14.000 kWh Brennstoff verbraucht). 6/ Ausgehend von diesen Zahlen emittiert eine heute installierte Wärmepumpe über 20 Jahre 23.648 kg CO2e. Das bedeutet, dass eine Wärmepumpe im Laufe von 20 Jahren einschließlich Herstellung, Installation und Stilllegung zwischen 57 % (im Vergleich zu einem Gaskessel) und 68 % (im Vergleich zu einem Ölkessel) einspart. 7/ Selbst wenn sich der derzeitige Strommix in Zukunft nicht ändert und so bleibt, wie er ist, würde eine Wärmepumpe im Vergleich zu einem System mit fossilen Brennstoffen immer noch 38 % bis 54 % Kohlenstoff einsparen. 8/ Nach etwa 3 Jahren sind die verkörperten Emissionen der Wärmepumpe ausgeglichen. 9/ Die von anderen durchgeführten Schätzungen kommen zu höheren Kohlenstoffeinsparungen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ich konservativere Annahmen über den künftigen Strommix und die Effizienz der Wärmepumpe zugrunde gelegt habe. Ich möchte hier noch anfügen, dass unser Strommix bis 2030 deutlich sauberer wird. Also alleine dadurch die Bilanz noch besser ausfällt. Muss mein Haus gedämmt sein um eine Wärmepumpe nutzen zu können? Klare Antwort: Nein. Macht es Sinn, zumindest etwas/teilweise gedämmt zu haben? Ja! Technisch gibt es Wärmepumpen, die hohe Vorlauftemperaturen von 70 oder 75°C erreichen und somit alte Gas/Öl-Heizungen ersetzen können. Es ist also möglich einfach eine Öl/Gas-Heizung gegen eine Wärmepumpe zu tauschen. Ich würde trotzdem davon abraten, bei einem komplett ungedämmten Haus dies zu tun. Warum? Wie oben geschrieben, kann man mit einer guten Wärmepumpe und hohen Vorlauftemperaturen von 70/75°C noch einen Faktor 2,5 bei der Nutzung der Umweltwärme erreichen. Damit bekommt man aber bei einem ehemaligen Gas-Verbrauch von 20000 kWh nur auf 8000 kWh Strom runter. Wird nun gedämmt und man kommt auf einen Faktor von 4, liegt man bei 5000 kWh Stromverbrauch. Hier spart man also Jährlich 3000 kWh Stromkosten ein. Bei guter Dämmung und sehr guter Wärmepumpe kommt man auch auf einen Faktor über 5 in unseren Breiten. Hat man nun eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach liefert die Strom dazu. Natürlich im Winter deutlich weniger als im Sommer. Wenn es dann wie bei uns 800 kWh sind, die von der Wärmepumpe genutzt werden, kann man die auch von der Stromrechnung abziehen. Diese 800 kWh fallen an, egal ob gedämmt ist oder nicht. Sie fallen aber bei den schon niedrigeren Verbräuchen im Gedämmten Haus durchaus mehr ins Gewicht! Auch darf man bei einem gedämmten Haus nicht unterschätzen, wie viel Wärme aus genutztem Strom im Haus plötzlich „drinnen“ bleibt. Wird gekocht, heizt die Wärme das Haus viel stärker als bei einem ungedämmten Haus, gleiches gilt auch für die Abwärme von Kühlschrank, PC, Fernseher, Speilekonsole…… Daher sollte man zumindest über eine Minimal-Dämmung nachdenken. Als erstes bietet sich die oberste Geschoßdecke bzw. der Dachstuhl an. Allein diese Dämmung spart ca. 10-15 % Energie! Soll das Stück für Stück gemacht werden bietet sich eine individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) an. Wird es genug Wärmepumpen geben? Klare Antwort: Ja Die Hersteller bauen gerade ihre Produktionskapazitäten aus und zwar stark! Bevor ich hier viel schreibe, hier sind drei Links dazu: Stiebel Eltron Bosch Vaillant Übrigens ist Grund für den massiven Ausbau, das endlich mal klare und langfristige Vorgaben von der Politik kamen. Bei unklarer Lage wird kein Unternehmen hunderte Million investieren! Das ist grüne Wirtschaftspolitik! Das hätte die Vorgänger-Regierung spätestens, dann auch mit längeren Übergangsfristen und ohne die teilweise Überforderung der Bürger, 2016/17 beschließen müssen. Nach dem Pariser-Klimaabkommen. Hat sie aber nicht. Genau diese Jahre fehlen jetzt, daher muss es jetzt schnell gehen. Im Jahr 2025 sollen 500000 Wärmepumpen in Deutschland verbaut werden, wir sind da gar nicht weit davon weg. Im ersten Quartal 2023 wurden 108000 Wärmepumpen in Deutschland verbaut. Siehe diesen Artikel. Wird es genug Handwerker geben, die die Wärmepumpen auch einbauen? Es ist eng, aber es scheint machbar. Siehe die Zahlen vom 1. Quartal 2023. Hier auch nochmal einen ganz klaren Dank an alle Handwerker, die sich täglich der Herausforderung stellen! Dieser Text wird über die nächsten Wochen immer wieder ergänzt! Benjamin Brand, Sprecher AK Kommunale Energiewendebenjamin.brand@gruene-kleinostheim.de . * Der kalte Norden als Vorbild:„Skandinavien beweist mit rasantem Rollout von Wärmepumpen, dass die Technologie auch bei Kälte funktioniert. Finnland, Norwegen und Schweden installierten 2022 zehnmal mehr Wärmepumpen pro 1.000 Einwohner als Deutschland„https://www.pv-magazine.de/unternehmensmeldungen/trotzt-sogar-skandinavischer-kaelte-waermepumpen-sind-keine-schoenwetter-heiztechnolo
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