Gesplittete Abwassergebühr: Gerechtigkeit und Ökologie


„Gerechtigkeit“ und „Ökologie“ – diese beiden Begriffe sind nicht zu trennen. Auch nicht bei den Kanalgebühren.

Aktuell werden die Kanalgebühren über den Frischwasserverbrauch aufgeschlüsselt. Und das, obwohl sehr viel Abwasser eingeleitetes Regenwasser von versiegelten Flächen ist. Eigentümer/Innen von großen Hallen und versiegelten (Park-)Plätzen werden also aktuell noch entlastet. Stattdessen wird die Kanalgebühr komplett auf diejenigen umgelegt, die viel Frischwasser verbrauchen, zum Beispiel große Familien, Wohnanlagen und Heime.

Laut Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof von 2003 müssen auch die Gebühren zur Beseitigung des Niederschlagwassers, das von bebauten und versiegelten Flächen in die öffentlichen Kanäle eingeleitet wird, „verursachungsgerecht“ erhoben werden. Damit wäre auch der Umwelt geholfen: Die Entsiegelung von Flächen würde indirekt gefördert. Zur Ermittlung der bebauten und versiegelten Flächenanteile gibt es von der Selbstauskunft über Kartenmaterial bis hin zu Luftbildern verschiedene Möglichkeiten.

Wir appellieren an die Gemeinde, die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig über eine Änderung der Gebührensatzung zu informieren. Dann könnten sie bei Um- oder Neubau entsprechend planen und die Bodenversiegelung vermeiden. Denn versiegelte Flächen sind nicht nur schlecht für die Artenvielfalt und erzeugen örtlich höhere Temperaturen, sondern werden künftig auch Kosten verursachen.

Wir GRÜNEN wünschen uns eine verursachungs- und sozial-gerechte Aufteilung der Gebühren mit einer effektiven ökologischen Lenkungsfunktion.

Olav Dornberg

Grafische Erklärung:


Gegenüberstellung der bisherigen einheitlichen Abwassergebühr und der künftigen gesplitteten Abwassergebühr

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Beispielhafte Änderungen der Gebühren je nach Grundstücksnutzung

Erläuterung der Grafik:

Wie man in der Grafik ganz rechts sieht: Die Gesamtgebühren bleiben logischerweise nach der Neugestaltung identisch und entsprechen wie vorher den tatsächlichen Kosten. Da Kostendeckend gearbeitet wird, d.h. ohne Gewinn, werden ausschließlich die Kosten umverteilt auf die einzelnen Haushalte und Gewerbebetriebe.

Ändern wird sich der Verteilungsschlüssel: Vorher wurde die ausschließlich die Menge an Frischwasser (gemessen mit Wasseruhr) als Verteilungsschlüssel/Maßstab herangezogen. Künftig muss (nach Verwaltungsgerichtsurteil) auch Niederschlagswasser mit in die Berechnung einfließen. Diese Menge wird anhand der versiegelten Fläche berechnet. Für die Ermittlung gibt es unterschiedliche Methoden.

Das Gerechte dabei ist, dass nun z. B. ein Gewerbeobjekt mit großer Dachfläche und versiegelten Parkplätzen künftig mehr bezahlen wird. Nehmen wir z. B. eine Lagerhalle: Hier arbeiten vergleichsweise wenig Menschen und verbrauchen auch verhältnismäßig wenig Frischwasser (das ists der bisherige Maßstab zur Berechnung der Gebühren). Somit erzeugen sie auch entsprechend wenig Schmutzwasser und die Gebühren sind aktuell entsprechend gering. Durch die großen Dachflächen und die versiegelten Flächen für die Rampe, Parkplatz, etc. fällt aber entsprechend viel Niederschlagswasser an. Dieses muss künftig bei der Gebührenrechnung berücksichtigt werden, da dieses ebenfalls in die Kläranlage fließt und dort entsprechend Kosten verursacht.

Resumée: große Gewerbeobjekte mit wenig Mitarbeitern (=wenig Frischwasserverbrauch=wenig Schmutzwasser) zahlen künftig mehr. Und um diesen Betrag werden vor allem Wohnanlagen und Wohnheime entlastet. Für Einfamilienhäuser wird sich die Gebühr verhältnismäßig wenig ändern.


Weiterführende Links:

Erklärende Präsentation vom Bayer. Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung

Broschüre der Stadt Forchheim zur GAG (gesplittete Abwassergebühr)

Bericht Main-Echo zur Einführung der GAG in Aschaffenburg

Infoseiten der Gemeinde Kahl mit Erfassungsbogen Entwässerungsgebühr, Informationsblatt Entwässerungsgebühr, Formular Entwässerungsantrag, Entwässerungssatzung der Gemeinde Kahl, Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde Kahl a. Main (Anm. Kahl hat die GAG schon 2014 eingeführt).

Anmerkung: in 2015 hatten schon 97% der Gemeiden in Baden-Württemberg die GAG eingeführt! (->Statistik BW). Fazit hier: „Die gesplittete Gebühr fördert den ökologischen Umgang mit Regenwasser“ und “ die Niederschlagswassergebühr senkt die ver-brauchsabhängige Abwassergebühr“.

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