Fahrt nach Fuchstal mit der CSU

Gemeinde Fuchstal – Vorstellung umgesetzte Energiekonzepte – Besuchsbericht

Am 15.10. konnten wir endlich die Fahrt nach Fuchstal antreten. Gut gelaunt sind die Kleinostheimer und Johannesberger mit dem Kleinbus des Hauses St. Vinzenz von Paul nach Fuchstal.

Kurz vor elf konnte Holger Bernhardt (CSU Kleinostheim), der die Fahrt organisiert hat, die Interessierten Bodo Kaufmann (CSU Klm), Johannes Wieland (CSU Klm), Carla Diehl (Grüne Klm), Hubertus Fecher (SPD Klm), Olav Dornberg (Grüne Klm), Benjamin Brand (Grüne Klm, Sprecher AK kommunale Energiewende), Dr. Mathias Koenen (Grüne Joh.B.) und Stefanie Maurer (Grüne Joh.B.) in Fuchstal begrüßen.

Gleich zu Beginn hatte der Fuchstaler Bürgermeister Erwin Karg eine kleine Überraschung für uns. Neben uns war aus den oberfränkischen Buttenheim (bei Bamberg) der Bürgermeister und der Gemeinderat mit zwei vollen Kleinbussen angereist.

Gemeinde Fuchstal

Als kleine Einführung stellte Herr Karg die Gemeinde Fuchstal vor und den fast zwanzigjährigen Weg zur Energieautarkie der Gemeinde. Die Gemeinde hat fast 4.200 Einwohner. Die Gemeinde liegt im Einzugsgebiet von München und Augsburg. Aus den ortsansässigen Gewerbebetrieben sind die Gewerbesteuereinnahmen (EUR 0,5 Mio. bis 1,0 Mio.) gering. Das Gemeindegebiet (40 km²) hat einen einem hohen Waldanteil. Er hat das Amt im Jahr 2002 übernommen. Die erste erneuerbare Energieanlage war eine PV-Anlage im Jahre 2005. Der größte Schub kam nach dem Atomunglück in Fukushima, als auch in Bayern eine offizielle Stimmung für Windräder entstand und alle Gemeinden offiziell aufgefordert wurde, unter der Ägide der 10H-Regel Standorte auszuweisen, um wieder in Bayern Windräder zu realisieren.

Photovoltaik

Bei der ersten Dach-PV Anlage, 2006, (40 kWp) mussten noch Bedenken wegen Brandschutz, Stromvertrieb und Finanzierung ausgeräumt werden. In den Folgejahren wurden regelmäßig neue Dach-PV Anlagen gebaut. Heute ist die Genehmigung einer Dach-PV Anlagen nur noch Formsache im Gemeinderat. Im Jahre 2010 wurden die erste Freiflächen-mit mehr als 5 MWp auf einer ehemaligen Kiesgrube realisiert. Insgesamt sind nun ca. 10 MWp PV-Leistung installiert, wobei die gemeindlichen Dächer ca. 480 kWp ausmachen.

Windkraft

Start für die Windnutzung war Fukushima. Die Gemeinden Fuchstal und Denklingen waren gefordert, in Ersatz anderer Gemeinden (die wegen militärischen Flugplätzen keine ausweisbaren Flächen hatten) Windanlagen-Standorte zu bestimmen. In Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde sollten 50 Standorte im Sachsenrieder Forst überprüft werden. Der kleinere Teil (< 10) lagen davon auf dem Gemeindegebiet Fuchstal.

Im Laufe dieses Verfahrens entstand erheblicher Bürger-Widerstand in Form von Bürgerbegehren und innergemeindlicher Verwerfungen – durchaus auch im persönlichen Umfeld des Bürgermeisters.

Aus dieser problematischen Situation konnte sich die Gemeinde nur durch einen Bürgerentscheid befreien , der mit 52:48 zugunsten der Windkraft entschieden wurde. Die Projektierung der vier Windräder (24 GWh) im Jahre 2013 begonnen und im Jahre 2016 in Betrieb genommen. Die Gemeinde hat die Projektierungskosten vorab getragen und dann an die Bürgerenergiegesellschaft verkauft. An der Bürgerenergie hält die Gemeinde selbst 49 %. Weitere 150 Gesellschafter halten den Rest. Die Gesellschafter kommen aus der Gemeinde und dem restlichen Bundesgebiet. Bereits im ersten Jahre konnte außerplanmäßig eine Ausschüttung erfolgen. In allen Jahren lag die Anlage über der Planung.

Seit 2018 werden drei anderen Windräder geplant. Im Jahre 2022 konnten alles Gemeindebürger ihr Interesse an Anteile der neuen Bürgerenergie bekunden. Das Volumen von ca. EUR 2,3 Mio. war dreifach überzeichnet. Alles Geld kommt aus dem Ort und auch die Gewinne fließen somit in den Ort zurück. Diese drei Räder werden ähnliche Energie erwirtschaften wie die vier älteren Windräder.

Wir konnten die vorbereiteten Flächen für diese neuen Räder besichtigen. Die dazu notwendigen Rodungsflächen für die Zuleitungen und Installationen und insbesondere die Fläche für den Kran umfassen etwa 5.000 qm plus Rodungen im Kurvenbereich. Große Teile dieser Flächen werden nach der Installation wieder bewaldet. An diesen Standorten ist aktuell ein Vogel-Monitoring zum Rotmilan installiert, um den Einfluss der Windräder auf Rotmilane zu erforschen. Ergebnisse dieses Projektes werden die Rechtsprechung bezüglich der Windräder bundesweit beeinflussen. Aktuell ist der Rotmilanschutz so vorgesehen, dass die Räder von Mai bis Oktober von Sonnenauf- bis -untergang ausgeschaltet werden. Ähnliches gilt für den Fledermausschutz. Sollte das „Rotmilan-Projekt“ zu dem Ergebnis kommt, dass die Windräder keinen erkennbaren negativen Einfluss auf die Rotmilanpopulation haben, könnten die Einschränkungen der Windradbetriebsstunden aufgehoben werden.

Fernwärme

Die „Mutter“ der Fernwärme ist die Biogasanlage. Die bei der Stromproduktion anfallende Abwärme wird über ca. 2 km zur Schule geliefert. Nach der Realisierung der Schul-Wärme wurde zügig das Netz in Richtung Bebauung erweitert und heutzutage hängen ca. 100 Haushalte an der Wärmeleitung. Aus heutiger Sicht können bis zu 500 Haushalte angebunden werden. Weitere Straßenzüge werden im Rahmen notwendiger Sanierungsmaßnahmen (Straße, Kanal) angeschlossen. Aktuell liegt der Wärmepreis (0,075 EUR / kWh) bei rund 50 % im Vergleich zu einer Ölheizung.

Die Biogasanlage wird aktuell mit Gras und nachwachsender „Sylvie“ bestückt. Die in der Biogasanlage entstehende Gärreste sind wertvoller Dünger. Der Dünger wird an die Anlieferer des Gärguts zu wirtschaftlichen Düngerpreisen wieder abgegeben.

Im Zuge einer Fördermaßnahme wurde in dieses Netz ein Hochbehälterspeicher von 5.000 m3 sowie ein Batteriespeicher von 5 MWh integriert. Dieser Hochbehälter dient als saisonaler Speicher um überschüssige Wärme zwischenzuspeichern. Als Wärmequellen dienen hier

  • die Biogasanlage, die strombedingt auf Volllast fährt ohne das die Wärmeabnahme diesem Betrieb entspricht.
  • Stromabnahmen der Windräder bei negativen/sehr niedrigen Preisen und Umwandlung in Wärme (PtH – Power to Heat). So wird der Strom der Windräder als Wärme für den Winter gespeichert.

Hierfür wurde eine eigen 6 km lange Mittelspannungsleitung aufgebaut. Die ersten 5 MWh an Strom werden in einem Batteriespeicher zwischengespeichert.

Die Gruppe konnte den Wärmespeicher besichtigen. Zu sehen war der zentrale Speicher (Höhe 20 m, Durchmesser mit Dämmung etwa auch 20 m). Zudem gab es auch einen Kurzzeitspeicher mit 200 m3 Inhalt für den Sommerbetrieb. Die zentrale Steuerung ist in einer Halle untergebracht. Dieser Speicher wurde erst dieses Jahr in Betrieb genommen und ist laut Herrn Karg nur über Fördermittel wirtschaftlich. Laut seiner Schätzung werden die jährlichen Einnahmen bei ca. 10.000 Euro über den Ausgaben liegen. Eine Abschreibung wäre erst nach extrem langen Laufzeiten zu realisieren. Dieser Speicher ist für ca. 500 Haushalte dimensioniert.

Als Ergänzung, falls weder genug Abwärme aus der Biogas-Anlage oder Wärme aus dem Speicher vorhanden ist, ist noch eine Hackschnitzel-Feuerung vorhanden. Dies ist jedoch die teuerste Option.

Straßenbeleuchtung

Die Gemeinde Fuchstal setzt seit einigen Jahren auf den Umbau der öffentlichen Beleuchtung auf „Solar-Lampen“. Diese sind im Boden über Bodenhülsen installiert und werden schlicht geschraubt. Die gesamten Lebensdauern der Batterie und der LED sind bei 8 Jahren.

Zusammenfassung

Es war beeindruckend zu sehen, wie eine derart kleine Gemeinde aus ihren Ressourcen (Gebietsgemeinde, Wald, beheimatete Biogasanalgen) innerhalb von 17 Jahren einen so effektiven Umbau zu regenerativen Energiequellen geschafft hat. Wirtschaftlich hat die Gemeinde die identische Bilanz von Verbindlichkeiten und Rücklagen zu 2002 nicht verändert. Allerdings sind die Einnahmen und das Vermögen erheblich gewachsen.

Diese Entwicklung war nach Aussagen des Bürgermeisters nur möglich, da durch entschlossenes Handeln Fakten geschaffen wurden. Aus den Erzählungen des Bürgermeisters wurde allerdings auch deutlich, dass insbesondere in der Zeit des Bürgerentscheids Windkraftanlagen tiefe Narben innerhalb der Gemeinde verursacht hat.

Für die unsere eigene Energiewende in Kleinostheim konnten wir viele Anregungen mitnehmen. Alle Kleinostheimer Teilnehmer waren sich einig den Schwung aus der Fahrt mitzunehmen und in einem Nachtreffen konkrete Maßnahmen auszuloten.

Danke an Mathias Könen für den Bericht!


Links:
Bürgerwindkraft Fuchstal: allgemeine Informationen zum Projekt sowie Einblicke zum Bau der vier Windenergieanlagen der Bürgerwindkraft Fuchstal GmbH & Co. KG. Die vier Bürgerwindenergieanlagen sind seit Sommer 2016 in Betrieb.
VR Bürgerenergie Fuchstal: Auf dem ehem. Munitionsdepot in der Gemeinde Fuchstal befindet sich unsere erste Anlage. Mit 970 kWP erreicht das Solarfeld eine Leistung, die zur Stromerzeugung für nahezu 240 Haushalte ausreicht. 
– Energiezukunft: Kommunale Energiewende Fuchstal: Energieautark bis 2030, mit Windkraft und Sektorenkopplung
– Süddeutsche Zeitung: Lernen vom Energiedorf am Lech

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